Emotionen
Gewohnheiten

Gewohnheiten

Mittlerweile bin ich der Meinung, dass wir Menschen uns alles an- oder abgewöhnen können.

Wie komme ich zu dieser Aussage?
In den vergangenen Jahren habe ich mich viel mit Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt und viele Themen, die damit zu tun haben. Unter anderem waren Fragen wie z.B. „Wie lernen Menschen?“ oder „Wie entstehen Routinen?“. Selbstverständlich ging es auch um Gewohnheiten – wie entstehen sie und wird man die schlechten wieder los?

Die Wissenschaft sagt heute, dass bis ca. 50% der täglichen Handelns aus Gewohnheiten besteht. Das bedeutet: Wir denken nicht mehr bewusst darüber nach und „es“ passiert automatisch. Als Beispiele sollen hier Autofahren oder Zähneputzen dienen. Genauso kann es eine sportliche Betätigung sein, etwas kreatives oder eine Tätigkeit, die uns in den Flow bringt.

Wenn wir etwas regelmäßig tun, dann wird daraus eine Routine. Es fällt uns leichter und wird in unserem Gehirn automatisiert, um Energie zu sparen. Wir müssen uns nicht mehr genau auf jeden kleinen Zwischenschritt konzentrieren, wie bei den ersten Fahrstunden in der Fahrschule. Jemand mit jahrelanger Fahrpraxis kennt das Phänomen, dass beispielsweise auf dem täglichen Weg zur Arbeit parallel an Dinge gedacht werden kann, die später noch erledigt werden wollen. Das Extrem bei solchen Beispielen ist, dass man auf dem Parkplatz bei der Arbeit ankommt und sich nicht bewußt erinnert, wie man dort hingekommen ist.

Auch das Zähneputzen geht – wie von Geisterhand – völlig automatisch, obwohl die einzelnen Schritte recht komplex sind. Da wäre allein das Auftragen der Zahncreme: die richtige Menge im richtigen Winkel mit dem passenden Druck auf die Tube. Bei Kindern kann man sehr gut beobachten, wie sie Dinge lernen und immer wieder verfeinern, bis sie er können. Dabei wurde mit oft bewußt, dass es Abläufe sind, die mir leicht fallen, weil ich es gewohnt war und nicht mehr darüber nachdenken musste.

Ein einfaches und effektives Mittel, um sich der Schwierigkeit des „Neu-Erlernens“ wieder bewußt zu werden ist, aktiv mit bestehenden Gewohnheiten zu brechen. Ich mache es oft und gerne und bin für neue Ideen sehr dankbar.
Hier einige Beispiele (gerne auch zum Nachahmen):

  • Zähne mit der anderen Hand putzen
  • Kleidungsstücke in einer anderen Reihenfolge anziehen
  • Besteck beim Essen tauschen (Messer links und Gabel rechts)
  • auf einen anderen Stuhl am Esstisch setzen (sogenannter Perspektivwechsel)

Wozu unser Gehirn im Stande ist, zeigt ein schönes Beispiel aus dem Jahr 1950. Theodor Erismann, Professor an der Universität Innsbruck, Österreich und sein Student Ivo Kohler, dem eine Brille aufgesetzt wurde, die oben und unten vertauscht. Er hat diese Brille über mehrere Tage getragen und konnte am Ende sogar Fahrrad damit fahren.

Jahrelang galt die Regel der 10.000 Wiederholungen als „Gesetz“. Malcom Gladwell hatte diese Zahl in seinem Buch „Outliers“, zu deutsch: Ausreißer (erschienen 2008) erwähnt. In dem Buch geht es um Menschen, die nicht in den statistischen Mittelwert passen und somit aus der Statistik fallen, eben genau jeden Ausreißer nach oben oder unten bzw. rechts oder links.

Diese beiden Bilder zeigen meiner Meinung nach sehr anschaulich, was „Ausreißer“ sind:

Natürlich gibt es gute Gewohnheiten und schlechte Gewohnheiten. Die guten wollen wir behalten und die schlechten loswerden. Aber geht das überhaupt?
Selbstverständlich können wir uns alles aneignen, was wir wirklich wollen. Dabei ist es egal, ob es zu einer Gewohnheit werden soll oder nicht. Für mich ist die innere (intrinsische) Motivation die treibende Kraft dahinter. Selbstverständlich gibt es auch extrinsische Motivation, die uns zu einer Änderung verhilft. Nur hält diese meist nicht so lange an, wie eine Idee, die von uns kommt.

Was hat es nun mit der 10.000er-Regel auf sich? Nun, vereinfacht gesagt, ist eine Gewohnheit etwas, was man sich aneignet und es selbst dann weiterführt, wenn es bereits automatisch umgesetzt wird. Profisportler trainieren ja auch weiter, obwohl sie schon Profis auf ihrem Gebiet sind… und damit sind wir beim eigentlichen Thema: 
Ist es eine Gewohnheit, wenn ich sie mir mit 10.000 Wiederholungen angeeignet habe und dann damit aufhöre?
Ich denke: Nein, denn wenn ich aufhöre, die Gewohnheit zu leben, dann kann ich es zwar, aber mir fehlt recht schnell die Routine, die zu einer Gewohnheit wird.


Also lässt sich sagen: Wie viele Wiederholungen braucht es, um zu einer Gewohnheit zu werden?
Die Antwort ist wenig überraschend: Es benötigt alle Wiederholungen – ein Leben lang.

Das mag jetzt ziemlich drastisch klingen. Dennoch steckt viel Wahrheit darin.
Um es einfach zu halten und die Motivation hoch zu halten, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • große Ziele in Zwischenziele aufteilen
  • Zwischenziele stecken und die Schritte so klein machen, dass sie einfach zu erreichen sind (der innere Schweinehund wird dann nicht rebellieren 🙂
  • Belohnungssystem (ich belohne mich, wenn ich mein Zwischenziel erreicht habe)
  • Gewohnheits-Tracker (Habit Tracker)
  • jemandem davon erzählen, dem wir vertrauen
  • gemeinsame Gewohnheiten, um sich gegenseitig zu motivieren, wenn es mal schwer fällt
  • schriftlich festhalten und sichtbar aufhängen

Siehe auch meinen Beitrag: Eins mehr …

Photo by Brett Jordan on Unsplash

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